Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana, Samadhi

Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dyana und Samadhi.
Die acht Glieder des Yoga sind traditionell Zwischenschritte oder Stufen, die beim Erlernen von Meditation erklommen werden müssen. 
Doch sind sie auch beim Praktizieren der täglichen Meditation mehr oder weniger deutlich voneinander abgrenzbare Phasen der Mediation. 
Insofern sind 

Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi

keinesfalls nur interessant, um die Tradition des Yoga zu verstehen, sondern eine sehr gut funktionierende Grundorientierung für jeden, der das Meditieren erlernen bzw. praktizieren will. Ein echter Klassiker und heute so gültig wie einst - die Essentials des Meditierens schlechthin.

Wichtig für uns heutige dabei ist allerdings eines: Man sollte sich nicht an der kulturellen Bedeutung des ganzen Begriffsinstrumentariums festhalten oder - umgekehrt - sich von ihnen abschrecken lassen. Das gilt für Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana und Samadhi selbst als auch für deren Übersetzungen (wie Erleuchtung) oder die näheren beschreibenden Begriffe wie zum Beispiel: Zufriedenheit, Genügsamkeit, Atma, Glaube, Unterwerfung an Gott. 

Letzteres sind zum Beispiel Begriffe um zu beschreiben, was Niyama alles bedeutet. 

Wir wollen die Wahrheit und Richtigkeit solcher Beschreibungen hier gar nicht diskutieren, sondern nur feststellen, dass dies spezifisch indische Beschreibungen sind, die im Kontext des traditionellen Yogas sinnvoll und stimmig sind. Für einen modernen Europäer passen sie in der Regel nicht zu seinen Erfahrungen und damit auch nicht zu dem ihm vertrauten Begriffsinstrumentarium.

Oder anders gesagt: Das Handwerk selbst ist universell - eine formale Struktur. Das Verstehen, Verbinden, Integrieren der Erfahrungen, die man beim Erlernen und immer wieder Durchlaufen dieser acht Stufen macht ist eine Aufgabe, die höchst individuell ist. 

Im Folgenden haben wir deshalb die Beschreibungen der acht Glieder oder Stufen des Yoga so gewählt, dass sie die Handlung selbst beschreiben und die religiösen oder kulturellen Verknüpfungen raus lassen.

Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana -> Samadhi

Die acht "Glieder" kann man sich bildlich im Sinne von Gliedern einer Kette oder auch als Stufen hinauf auf einen Berg vorstellen. 

  • nacheinander: als Schritt - für Schritt - Abfolge
  • acht Elemente, von denen jedes einzelne unverzichtbar für jedes der sieben anderen ist.

Mal schnell sich ein wenig fit meditieren und gleich mit dem 7. Schritt zu beginnen, um so schnell wie möglich zum achten zu kommen, wird nicht funktionieren.

Wer zum Beispiel notorisch um sich schlägt, andere oder sich selbst belügt - dem ist der Weg der Meditation versperrt. Nicht, weil da jemand stünde, der ihn vom Meditieren abhalten würde. Sondern: 

Er selbst steht da als Hindernis und denkt nicht daran, sich selbst ernstzunehmen, anzunehmen und zu ergründen. Er ist zu weit weg von sich selbst.

Auch der 3. Schritt wird oft unterschätzt: Ohne im Asana (Lotos, halber Lotus oder Siddhisana, für Anfänger iedalerweise: Varjasana) bequem und ausdauernd sitzen zu können - vergiss es.

Du wirst immer und nur mit deinem Asana beschäftigt sein und von den weiteren Stufen allerhöchstens mal einen Hauch zu ahnen bekommen. 


1. Yama = Achtung gegenüber den Mitmenschen

  • Das Verhalten gegenüber anderen Menschen ist von Wahrhaftigkeit, Anerkennung (Ehrung, Höflichkeit) und Verständigung (statt Gewaltaktionen) geprägt.

2. Niyama = Achtung gegenüber sich selbst

  • Das Verhalten in Bezug auf sich selbst zeichnet sich vor allem durch Konsistenz und Integrität (alle Elemente und Bereiche des Lebens passen zueinander) aus. Das kann man dann im Einzelnen aufschlüsseln und in einem modernen Vokabular zum Beispiel so beschreiben: Selbstverantwortlichkeit (statt Fremdbestimmtheit), Vernunft (statt Naivität), Selbst-Ehrlichkeit (statt Wunschdenken), Autonomie (statt auf Autoritäten fixiert), Angemessenheit (statt Formalismus), Selbstdisziplin / Souveränität (statt Willkür oder willenloses Blatt im Wind), Produktivität (statt eitle Nabelschau) und Stolz auf den eigenen Weg, der noch vor einem liegt (nicht so sehr auf das schon Erreichte) aus. 

3. Asana = Körper-Haltung, Sitz, Harmonie des Körpers

  • Als Asana werden alle bekannten Yoga-Stellungen bezeichnet.
  • Ziel jedes Asana ist es, die beschriebene Körperhaltung exakt und mühelos einnehmen zu können.
  • Die Beherrschung wenigstens eines Asana (traditionell: des Lotussitz, aber auch zwei drei andere Asana-Stellungen sind gut geeignet, die Stufen bis zum Gipfel der Meditation zu erklimmen.) ist die Voraussetzung, um sich erfolgreich in den Bereich der Meditation zu wagen. Ohne ein sauberes und schmerzfreies Asana wird das Meditieren nur mühsam. 

4. Pranayama = Atembeherrschung, Harmonie der Lebensenergie

  • Beim Pranayama wird die Methode der Atemkontrolle erlernt und geübt. Dabei wird abwechselnd einer der beiden Nasenflügel mit dem Daumen verschlossen.
  • Durch das andere Nasenloch wird tief und vollständig eingeatmet, so dass die Prana-Energie bis in den Beckenboden hinaussinken kann und ihn weitet. Nachdem bis zu einigen Minuten die Luft so gehalten wurde, wird nun durch das andere Nasenloch ausgeatmet.
  • Ziel des Pranayama ist der Ausgleich der Energien der rechten und linken Körperhälfte (männliche und weibliche Energien). Faktisch bekommt es der Übende dabei heftig mit seinen eigenen Gefühlen zu tun.

5. Pratyahara = Zurückziehen der Sinne, Harmonie der eigenen Emotionen

  • Pratyahara tritt am leichtesten als ein Phänomen gut konzentrierter Meditation auf.
  • Die Aufmerksamkeit des Übenden ist so vollständig auf sein Meditationsobjekt gelenkt, dass er sich von der Außenwelt durch nichts mehr stören lässt.
  • Das führt dann dazu, dass buchstäblich nichts mehr gehört wird. Stille tritt ein. Bei anderen zeigt sich Pratayahara zuerst durch Schwärze.
  • Ist dieser Zustand erreicht, werden Energien erzeugt, die in der Wissenschaft als Alpha-Wellen beschrieben und in EEGs auch gemessen werden können.

6. Dharana = Konzentration, Harmonie der eigenen Gedanken

  • Konzentration der Aufmerksamkeit ist eine Aufgabe, die mehrere Stufen durchläuft.
  • Sie reicht von unterbrochener, über durchgehende Konzentration bis hin zur mühelosen und schließlich spontanen Konzentration. 
  • Um höhere Konzentrationsstufen in der Meditation zu erreichen, sind die vorher genannten Glieder des Yoga Voraussetzung.
  • Zumindest werden körperliche Schmerzen, wirbelnde Gedanken oder durch den Körper schießende Gefühle als schwierig zu meisterndes Hindernis für die Konzentration erlebt.
  • Allerdings hilft disziplinierte Konzentration auch sehr effektiv über solche Hindernisse hinweg. 

7. Dhyana = Versenkung, Meditation, Kontemplation

  • Meditation - wird klassischerweise in einem Asana ausgeführt. Die Aufmerksamkeit wird dabei auf ein Meditations-Objekt oder einen zuvor gewählten Punkt (Aufmerksamkeitsfokus) gelenkt.
  • Und so weitgehend und vollständig wie nur möglich soll diese Aufmerksamkeit während der gesamten Meditation beibehalten werden.
  • Das Meditations-Objekt selbst kann sehr verschieden sein: Der Atemfluss (Pranayama ist z.B. auch eine Form der Meditation), ein Symbol oder Bild, ein heiliges Wort (Mantram), eine bedeutungslose Buchstaben-Folge oder die Empfindung einer bestimmten Körperstelle. Sinnvoll ist es in der Regel, mit Meditations-Objekten unterschiedlicher Art Erfahrungen zu sammeln, um herauszufinden, welches das für MICH am besten geeignete ist. 

8. Samadhi = Ekstase, Verschmelzung, Vereinigung

  • Ziel der Meditation ist klassischerweise die Erfahrung von Samadhi.
  • Samadhi heißt Vereinigung - mit dem Objekt der Meditation.
  • Umso vollständiger es dem Übenden gelingt, sich auf das Meditations-Objekt einzulassen, desto näher kommt er dem Umschlag zum Samadhi.
  • Samadhi ist mit intensiven Ekstase-Phänomenen verbunden, ähnlich (aber nicht identisch, sondern eher intensiver) einem Orgasmus.
  • Jedoch treten Ekstase-Phänomene auch schon auf den mittleren Stufen der Konzentration auf.